Harry – Der Mann von Kaspersky in China

Der Anruf kam am Abend kurz nach 22 Uhr: «Hallo Roger, hier ist Harry von Kaspersky in China. Bitte rufe mich morgen im Büro an – dann können wir uns noch treffen.» Am nächsten Tag empfing mich Harry Cheung in seinem Büro. Der Hauptsitz von Kaspersky Lab in China ist mitten im boomenden Business Center von Peking: Hochhäuser, 6 spurige Autostrassen, Hitze, Lärm, Unruhe.

«Managing Director Grat China» steht auf seiner Visitenkarte die er mir mit beiden Händen überreicht – so wie es in China üblich ist. Sein Büro ist rustikal aber grosszügig eingerichtet. Kein Vergleich zu den bescheidenen Büros in der Zentrale Moskau. In der Ecke neben seinem Schreibtisch steht ein grosses Aquarium mit farbigen Fischen. Auf dem Tisch hat Harry seinen Laptop. Alle 4 bis 5 Minuten checkt er seine Mails – «das Geschäft läuft immer» entschuldigt er sich.

Hier in Peking arbeiten rund 70 Leute für Kaspersky. Im Virenlabor in Tianjian ist nochmals eine Gruppe von Softwareingenieuren angestellt. Kaspersky betreibt neben Moskau in China ein zweites unabhängiges Labor, dass direkt auf die Datenbank in der Zentrale zugreifen kann.

Vor vier Jahren, 2003, hat Harry Cheung die Kasperksy-Vertretung in China gegründet. «Damals waren wir 10 Personen», erinnert sich Harry «und es war das Jahr von SARS. Niemand wollte mit uns ins Geschäft kommen. Alle trugen einen Mundschutz, das Misstrauen, die Angst vor dem Virus war gross.» Es war ein schlechter Start für Kaspersky in China. Harry konnte seinen Mitarbeitenden nicht einmal den Lohn zahlen. Dann ging es aber rasant voran. Harry nennt mir seinen Weg zum Erfolg. «In China gibt es drei wichtige Business-Regeln – die musst du einfach kennen»:

  1. Persönliche Kontakte in allen Bereichen des Lebens (Politik, Kultur, Gesellschaft)

  2. Geld – und zwar genügend

  3. Das Wissen wie der asiatische Markt funktioniert

Und genau so hat Harry das Projekt Kaspersky Lab China gestartet: Mit den drei wichtigsten Gratis-E-Mail-Diensten hat Harry ein Abkommen getroffen. Alle Mails werden von Kaspersky auf Viren geprüft. Die Nutzer sehen das an einer kleinen Meldung im Header des Mails. Die Strategie ging auf. Innerhalb von drei Jahren hat sich Kaspersky als Nummer 2 in der Branche etabliert. Gleichzeitig hat Harry Cheung einen chinaweiten Vertrieb mit lokalen Händlern aufgebaut. «Die kennen die Bedürfnisse ihrer Kunden besser als wir hier in Peking. Und die müssen stolz sein Kaspersky verkaufen zu können. So brauche ich hier auch keinen eigenen Vertrieb».

Dann kommen wir aufs Geld zu sprechen. «Ich bin Multimillionär» sagt Harry, «und ich bin ein Business-Mensch. Heute brauche ich kein Geld mehr.» Er sei auch kein IT-Spezialist, nur Anwender und das kein besonders guter. «Vielleicht ein weiterer Schlüssel zum Erfolg. Ich muss mich nicht in fachlichen Diskussionen beweisen, mir geht es nur ums Geschäft».

Harry Cheung ist in Hongkong aufgewachsen. Mit 15 Jahren ist er mit seinen Eltern nach Australien geflüchtet. Sein Geld hat er als Broker bei Pferderennen verdient. Er hat Pferde gekauft, diese in Rennen platziert – und das während 15 Jahren überall in Asien von Hongkong über Japan bis Macao.
Danach ging er für mehrere Jahre segeln – seine neue Leidenschaft. Nach der politischen Öffnung von China ist er jetzt in seine alte Heimat zurückgekehrt. «Der chinesische Markt wird auch in Zukunft wachsen» davon ist Harry überzeugt. «Die Mentalität vieler Menschen hat sich verändert. Die sind bereits Geld zu investieren – etwas zu wagen. Und sie glauben an ihren Erfolg.»

Am Schluss führt mich Harry noch durch die Büros. Hier sieht es anders aus als beim Chef. Auf engstem Raum arbeiten die Menschen hier. Sogar die Softwareschachteln werden hier verpackt. «Das macht uns unabhängig und flexibler» sagt Harry. Ich spreche Harry auf die engen Räume an. Ist kein Umzug oder eine Erweiterung geplant? «Ich bin Chinese» sagt Harry, «und ich bin abergläubisch. Hier in diesen Räumen habe ich Erfolg. Und hier werde ich bleiben.»

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suroflo
 

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